Joh 6,60-69 (Jos 24,1-2a.15-17.18b) – 24./25.8.2024 – Jesuitenkirche Ibk
Dem Evangelium von heute gehen einige wichtige Passagen voraus –
wir haben sie an den vergangenen Sonntagen gehört.
Begonnen hat es mit der wunderbaren Brotvermehrung. Die Leute waren begeistert!
Danach erklärt ihnen Jesus: Das wahre Brot, das euch nährt, das bin ich selbst – meine Botschaft, ich selbst, mein Fleisch und Blut, meine Person.
Das war vielen Menschen zu viel, sie sind ausgestiegen.
Und schließlich, im heutigen Abschnitt, fragt Jesus die Zwölf, seine engsten Freunde:
Wollt auch ihr weggehen?
Es gibt über 300 Fragen Jesu in den Evangelien.
Diese Fragen sind wie Schlüssel: Sie helfen uns, Jesus und sein Denken zu verstehen. Sie sind auch an uns, jetzt, gestellt.
Wie antworten wir also, wenn er uns fragt, ob wir auch weggehen wollen?
Ich möchte nicht weggehen – und heute möchte ich drei meiner Gründe dafür mit Ihnen teilen.
Ein erster Grund, bei Jesus zu bleiben, ist für mich die Freiheit meiner Entscheidung, Christ zu sein.
Niemand von uns will ja einvernahmt werden. Wir möchten in Fragen unseres Glaubens und unserer Weltanschauung frei entscheiden können. Wir möchten uns auch unsere Freunde selbst aussuchen.
Die Frage Jesu – Wollt auch ihr weggehen? – lässt ein Ja und ein Nein zu.
Jesus eröffnet mit dieser Frage einen Raum der freien Entscheidung.
Wir sind Christinnen und Christen durch Entscheidung, und nicht durch Geburt, nicht durch sozialen Druck, und auch nicht durch die Tradition.
Die Entscheidung bei der Taufe haben für die meisten von uns andere getroffen … aber jetzt, als Erwachsene, entscheiden wir uns immer wieder neu zu unserem Christ-Sein, und wir tun das in voller Freiheit.
Wir sind frei zu bleiben. Jesus vereinnahmt nicht.
Mein zweiter Grund, bei Jesus zu bleiben: Ich möchte zu jemandem gehören.
Das ist ein menschliches Grundbedürfnis. Ich möchte nicht allein sein.
Wenn ich in der Justizanstalt Innsbruck bin, im sog. Ziegelstadel, spreche mit Gefangenen und feiere Gottesdienst mit ihnen. Dort erlebe ich viel Einsamkeit. Existentielle Einsamkeit.
Solches Alleinsein gibt es auch außerhalb des Gefängnisses. Darum ist es, glaube ich, eine echte Bereicherung im Leben, wenn man die Person Jesu einmal kennenlernt – und sich daraus dann eine Beziehung, manchmal sogar eine Freundschaft entwickelt.
Dazu haben mir am stärksten die Exerzitien geholfen – und tun es immer noch. Mit Jesus reden wie mit einem Freund – das ist für Ignatius beten. Mit Jesus kann man „per Du“ sein.
„Unser Platz ist bei Jesus. Seine Nähe ist unser Daheim.“ So prägnant hat das Anni Findl-Ludescher hier einmal in einer Predigt formuliert.
Zuerst bedeutet mein Christ-Sein also einmal „zu Jesus gehören“ – und zusammen mit anderen, die auch zu ihm gehören, sind wir die Kirche.
Und schließlich: Die Worte Jesu sprechen mich an, meine Sehnsucht nach einem sinnvollen Leben.
Jesus fragt: „Wollt auch ihr weggehen?“ – Und Petrus antwortet: „Herr, zu wem sollen wir gehen?
Du hast Worte des ewigen Lebens.“
Petrus geht es ähnlich wie uns heute: So super sind die Alternativen nicht. Zu wem sollen wir denn sonst gehen? Die Botschaft Jesu ist für mich ein fester Punkt, auch wenn sonst alles wackelt.
Wenn in biblischen Texten das Wort „ewig“ vorkommt, dann ersetze ich es manchmal durch das Wort „eigentlich“. Dann klingt die Antwort des Petrus so: „Herr, du hast Worte des eigentlichen Lebens.“
Um das geht es: um das eigentliche Leben. Und auch das ist ein guter Grund, bei Jesus zu bleiben.
Amen.